von GYÖRGY LUKÁCS*
Auszüge aus dem Vorwort des Autors zum neu übersetzten Buch
Das hier der Öffentlichkeit vorgelegte Buch ist der erste Teil einer Ästhetik, deren zentrales Thema die philosophische Begründung des Typus der ästhetischen Setzung, die Ableitung der spezifischen Kategorie der Ästhetik und ihre Abgrenzung gegenüber anderen Bereichen ist. Soweit sich die Ausstellungen auf diesen Problemkomplex konzentrieren und konkrete Probleme der Ästhetik nur dann ansprechen, wenn dies für die Klärung dieser Fragestellungen unerlässlich ist, bildet dieser Teil auch ohne die nachfolgenden Teile ein abgeschlossenes und verständliches Ganzes.
Es ist wichtig, den Platz klarzustellen, den ästhetisches Verhalten in der Gesamtheit menschlicher Aktivitäten und menschlicher Reaktionen auf die Außenwelt einnimmt, sowie die Beziehung zwischen den daraus resultierenden ästhetischen Formationen, zwischen ihrer kategorialen Strukturierung (Strukturform usw.) und anderem Reaktionsweisen auf die objektive Realität. Die unvoreingenommene Betrachtung dieser Zusammenhänge ergibt ungefähr folgendes Bild: Die primäre Dimension ist das Verhalten des Menschen im Alltag, ein Bereich, der trotz seiner zentralen Bedeutung für das Verständnis höherer und komplexerer Reaktionsweisen noch weitgehend unerforscht ist.
Ohne hier Punkte vorwegnehmen zu wollen, die im Verlauf des Werkes selbst im Detail dargelegt wurden, müssen wir so kurz wie möglich auf die Grundgedanken seines Aufbaus eingehen. Das alltägliche Verhalten des Menschen ist gleichzeitig Anfang und Ende aller menschlichen Aktivitäten, das heißt, wenn man sich den Alltag als einen großen Fluss vorstellt, kann man sagen, dass sich in den höheren Formen der Rezeption und Reproduktion der Realität Wissenschaft und Kunst verzweigen. aus ihr differenzieren und konstituieren sie sich nach ihren spezifischen Zwecken, sie erreichen ihre reine Form in dieser Eigentümlichkeit – die aus den Bedürfnissen des gesellschaftlichen Lebens hervorgeht und dann, als Folge ihrer Auswirkungen, ihrer Einwirkungen auf das Leben der Menschen, zu fließen zurück in den Fluss des Alltags.
Daher wird dieser Fluss ständig mit den höchsten Ergebnissen des menschlichen Geistes angereichert, indem er sie seinen alltäglichen praktischen Bedürfnissen anpasst, und von dort aus entstehen wieder neue Zweige der höheren Formen der Objektivierung in Form von Fragen und Forderungen. Daher ist es notwendig, die komplexen Wechselbeziehungen zwischen der immanenten Vollendung von Werken in Wissenschaft und Kunst und den gesellschaftlichen Bedürfnissen, die ihre Entstehung wecken oder verursachen, sorgfältig zu untersuchen. Aus dieser Dynamik der Entstehung, Entfaltung, Legalität selbst und Verwurzelung im Leben der Menschheit lassen sich die besonderen Kategorien und Strukturen der wissenschaftlichen und künstlerischen Reaktionen des Menschen auf die Realität ableiten.
Die in dieser Arbeit durchgeführten Analysen zielen natürlich darauf ab, die Besonderheiten der Ästhetik zu verstehen. Da aber der Mensch in einer einheitlichen Realität lebt und mit ihr in Wechselbeziehung steht, kann das Wesen des Ästhetischen nur im ständigen Vergleich mit anderen Reaktionstypen, wenn auch nur annähernd, erfasst werden. In diesem Fall ist die Beziehung zur Wissenschaft am wichtigsten; Es ist jedoch auch wichtig, den Zusammenhang mit Ethik und Religion zu untersuchen. Auch die hier auftretenden psychologischen Probleme resultieren zwangsläufig aus Fragen, die sich an der Spezifität der ästhetischen Pose richten.
Offensichtlich kann an dieser Stelle keine Ästhetik aufhören. Kant konnte sich noch mit der Beantwortung der allgemeinen methodischen Frage nach dem Geltungsanspruch ästhetischer Urteile begnügen. Abgesehen von der Tatsache, dass diese Frage unserer Meinung nach nicht primär, sondern äußerst abgeleitet vom Gesichtspunkt der Struktur der Ästhetik ist, erschien seit der Hegelschen „Ästhetik“ kein Philosoph, der die Klärung des Wesens des Ästhetischen ernst nimmt Mit einem so engen Rahmen und einer so einseitig orientierten erkenntnistheoretischen Problemstellung kann man sich weiterhin begnügen.
Im folgenden Text werden wir viel über die fragwürdigen Aspekte der Hegelschen „Ästhetik“ sprechen, sowohl in ihren Grundlagen als auch in spezifischen Darstellungen; Der philosophische Universalismus seiner Konzeption und die historisch-systematische Art seiner Synthese bleiben jedoch stets beispielhaft für das Projekt aller Ästhetik. Nur die drei Teile unserer Ästhetik als Ganzes werden in der Lage sein, eine – nur teilweise – Annäherung an dieses erhabene Modell zu erreichen, denn völlig abstrahierend vom Wissen und Talent derjenigen, die heute einen solchen Versuch unternehmen, ist es viel schwieriger In der heutigen Zeit war es einfacher als zu Hegels Zeiten, die allumfassenden Parameter der Hegelschen „Ästhetik“ in die Praxis umzusetzen. Somit liegt die Theorie der Künste – auch historisch-systematischer Natur –, die auch Hegel ausführlich behandelt hat, noch außerhalb des Rahmens, den der globale Plan unserer Arbeit umschreibt.
„Wer die Illusion pflegt, mit Hilfe einer bloßen Marx-Interpretation die Wirklichkeit gedanklich abzubilden und auf diese Weise zugleich das Marxsche Wirklichkeitsverständnis zu reproduzieren, wird in beiden Fällen zwangsläufig scheitern.“
Im ersten Teil werden Probleme wie Inhalt und Form, Weltanschauung und Konformation [Formbildung], Technik und Form usw. sie werden in äußerst allgemeiner Form auftauchen, genau wie Fragen am Horizont; Philosophisch gesehen kann sein wahres konkretes Wesen erst bei einer detaillierten Analyse der Struktur des Werkes ans Licht kommen. Gleiches gilt für Probleme im Zusammenhang mit kreativem und rezeptivem Verhalten.
Der erste Teil schafft es lediglich, zu seinem allgemeinen Umriss vorzudringen und in gewisser Weise den jeweiligen methodischen „Ort“ seiner Bestimmungsmöglichkeit darzustellen. Die realen Zusammenhänge zwischen Alltagsleben einerseits und wissenschaftlichem, ethischem Verhalten etc. andererseits. und ästhetische Produktion und Reproduktion, die wesentliche kategorische Art ihrer Proportionen, Interaktionen, wechselseitigen Einflüsse usw. Sie erfordern Analysen, die sich auf eine möglichst konkrete Dimension konzentrieren, was im Rahmen eines ersten Teils, der sich auf philosophische Grundlagen konzentriert, grundsätzlich unmöglich ist.
Wie der Leser sieht, weicht die Struktur dieser ästhetischen Untersuchungen erheblich von den üblichen Konstruktionen ab. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass sie methodisch Originalität beanspruchen können. Im Gegenteil: Sie sind nichts anderes als die möglichst präzise Anwendung des Marxismus auf die Probleme der Ästhetik. Damit ein solches Unterfangen nicht im Vorfeld missverstanden wird, ist es notwendig, die Situation dieser Ästhetik und ihr Verhältnis zum Marxismus, wenn auch in wenigen Worten, zu klären. Als ich vor etwa dreißig Jahren meinen ersten Beitrag zur Ästhetik des Marxismus schrieb,[I] Ich vertrat die These, dass der Marxismus eine eigene Ästhetik habe und stieß dabei auf verschiedene Widerstände. Der Grund dafür war, dass sich der Marxismus vor Lenin – einschließlich seiner besten Vertreter, zum Beispiel Plechanow oder Mehring – fast ausschließlich auf die Probleme des historischen Materialismus beschränkte.[Ii][Iii]
Erst nach Lenin rückte der dialektische Materialismus wieder in den Mittelpunkt des Interesses. Dies ist der Grund, warum Mehring, der seine Ästhetik aufbaute Kritik des Urteilsvermögensgelang es, die Divergenzen zwischen Marx-Engels und Lassalle lediglich als Zusammenstöße subjektiver Urteile über den ästhetischen Geschmack zu betrachten. Tatsächlich ist diese Kontroverse längst gelöst. Seit Michail Lifschitz‘ brillanter Untersuchung der Entwicklung der ästhetischen Vorstellungen von Marx, seit der sorgfältigen Sammlung und Systematisierung der verstreuten Äußerungen von Marx, Engels und Lenin zu ästhetischen Fragen kann es keinen Zweifel mehr an der Verknüpfung und Kohärenz dieser Überlegungen geben.[IV]
Die Hervorhebung und der Nachweis dieses systematischen Zusammenhangs lösen jedoch nicht im Entferntesten die Frage einer Ästhetik des Marxismus, denn wenn die zusammengestellten und systematisierten Aussagen der Klassiker des Marxismus bereits eine Ästhetik oder zumindest ihr perfektes Grundgerüst enthielten, wäre dies der Fall Es reichte aus, einen gut artikulierten Text hinzuzufügen, und schon läge die marxistische Ästhetik vor uns. Aber das ist nicht der Fall! Wie vielfältige Erfahrungen zeigen, bringt auch die direkte monografische Anwendung dieses Materials auf alle Einzelfragen der Ästhetik noch nicht einmal wissenschaftlich entscheidende Beiträge zur Strukturierung des Ganzen.
Wir haben also die paradoxe Situation, dass es eine marxistische Ästhetik gibt und gleichzeitig nicht gibt, dass sie durch autonome Forschung erobert und sogar geschaffen werden muss und dass das Ergebnis nur etwas freilegt und konzeptionell fixiert, was gemäß der Idee existiert. Das Paradox löst sich jedoch von selbst auf, wenn das gesamte Problem im Lichte der Methode der materialistischen Dialektik analysiert wird, da die alte Bedeutung des Wortes „Methode“, die untrennbar mit dem Weg zur Erkenntnis verbunden ist, notwendigerweise die Idee impliziert, dass z Um bestimmte Ergebnisse zu erzielen, müssen bestimmte Wege beschritten werden. Die Richtung dieser Wege ist in der Gesamtheit des von den Klassikern des Marxismus projizierten Weltbildes auf eindeutige Weise enthalten, insbesondere in dem Maße, in dem die erzielten Ergebnisse uns als Endpunkte solcher Wege klar sind.
Daher hat die Methode des dialektischen Materialismus, auch wenn dies nicht auf den ersten Blick oder direkt sichtbar ist, zuvor klar dargelegt, was diese Wege sind und wie sie beschritten werden müssen, um die objektive Realität in ihrer wahren Objektivität zu konzeptualisieren und das Wesentliche eingehend zu untersuchen jedes spezifischen Feldes entsprechend seiner Wahrheit. Nur wenn diese Methode, diese Wegweisung, durch die eigene Forschung erfüllt und autonom unterstützt wird, besteht die Möglichkeit, das Gesuchte zu finden, die marxistische Ästhetik richtig zu strukturieren oder zumindest ihrem wahren Wesen näher zu kommen. .
Wer die Illusion pflegt, mit Hilfe einer bloßen Marx-Interpretation die Wirklichkeit gedanklich abzubilden und auf diese Weise gleichzeitig das Marxsche Wirklichkeitsverständnis zu reproduzieren, wird in beiden Dingen zwangsläufig scheitern. Nur eine unparteiische Analyse der Realität und ihre Ausarbeitung mit der von Marx entdeckten Methode kann die Treue zur Realität und gleichzeitig zum Marxismus erreichen. In diesem Sinne ist dieses Werk in all seinen Teilen und als Ganzes das Ergebnis unabhängiger Forschung, erhebt aber dennoch nicht den Anspruch auf Originalität, da es alle Mittel zur Annäherung an die Wahrheit, seine gesamte Methode, ihr verdankt das Studium einer Reihe von Werken, die uns von den Klassikern des Marxismus übermittelt wurden.
Treue zum Marxismus bedeutet aber auch die Anerkennung der großen Traditionen, die bis heute versucht haben, die Realität zu erklären. In der stalinistischen Zeit wurde, insbesondere Schdanow, der Schwerpunkt ausschließlich auf das gelegt, was den Marxismus von den großen Traditionen des menschlichen Denkens unterscheidet. Wenn in diesem Fall nur das qualitativ Neue im Marxismus hervorgehoben worden wäre, nämlich der Sprung, der seine Dialektik von der seiner weiter entwickelten Vorläufer, zum Beispiel Aristoteles oder Hegel, trennt, könnte dies relativ gerechtfertigt sein. Eine solche Position könnte sogar als notwendig und nützlich bewertet werden, wenn sie nicht auf einseitige, isolierende und daher metaphysische Weise – auf eine zutiefst nicht-dialektische Weise – das radikal Neue im Marxismus hervorhebt, wenn sie das nicht vernachlässigt Faktor der Kontinuität in der Entwicklung des Marxismus. Menschliches Denken. Allerdings stellt die Realität – und damit auch ihre Reflexion und Reproduktion im Denken – eine dialektische Einheit von Kontinuität und Diskontinuität, von Tradition und Revolution, von allmählichen Übergängen und Sprüngen dar.
Der wissenschaftliche Sozialismus selbst ist etwas völlig Neues in der Geschichte und stellt jedoch die vollständige Verwirklichung eines lebendigen alten Wunsches der Menschheit dar, die Erfüllung dessen, was sich die besten Geister zutiefst gewünscht hatten. Das Gleiche gilt für die konzeptionelle Weltauffassung der Klassiker des Marxismus. Die tiefe Wahrheit des Marxismus, die kein Angriff oder Schweigen erschüttern kann, beruht hauptsächlich auf der Tatsache, dass mit seiner Hilfe die grundlegenden Tatsachen der Realität, des menschlichen Lebens, die zuvor verborgen waren, an die Oberfläche gelangen und zum Inhalt des menschlichen Bewusstseins werden können.
Das Neue erhält damit eine doppelte Bedeutung: Nicht nur erhält das menschliche Leben durch die bisher nicht existierende Realität des Sozialismus einen neuen Inhalt, eine neue Bedeutung, sondern zugleich auch die mit Hilfe der erfolgten Entfetischisierung Die Methode und die marxistische Forschung sowie ihre Ergebnisse werfen ein neues Licht auf die Gegenwart und die Vergangenheit, auf die gesamte bisher als bekannt geltende menschliche Existenz. Auf diese Weise werden alle bisherigen Bemühungen, es in seiner Wahrheit zu erfassen, in einem ganz neuen Sinne verständlich. Die Perspektive auf die Zukunft, das Wissen um die Gegenwart und das Verständnis für die Trends, die sie intellektuell und praktisch mit sich gebracht haben, stehen somit in einem unauflöslichen Zusammenhang.
Die einseitige Betonung des Trennenden und Neuen birgt die Gefahr, alles Konkrete und Bestimmungsreiche im wahrhaft Neuen in einer abstrakten Alterität zu verengen und zu verarmen. Die Gegenüberstellung der charakteristischen Charakterisierungen der Dialektik bei Lenin und Stalin zeigt sehr deutlich die Konsequenzen dieses methodischen Unterschieds; und die in vielerlei Hinsicht nicht rationalen Haltungen zum Erbe der Hegelschen Philosophie führten in der stalinistischen Zeit zu einer oft erschreckenden Armut des Inhalts logischer Untersuchungen.
In den Klassikern selbst findet man keine Spur eines solchen metaphysischen Kontrasts zwischen Alt und Neu. Im Gegenteil, die Beziehung zwischen ihnen erscheint in den Proportionen, die die sozialgeschichtliche Entwicklung hervorbringt, in dem Maße, in dem sie die Wahrheit manifestieren lässt. Das Festhalten an dieser einen richtigen Methode ist für die Ästhetik vielleicht wichtiger als für andere Bereiche, denn an dieser Stelle wird die genaue Analyse der Fakten mit besonderer Klarheit zeigen, dass der bewusste Gedankenstand über das, was in der Praxis auf dem Gebiet der Ästhetik erreicht wurde Dieser Aspekt ist diesem praktischen Ergebnis stets nicht entsprochen.
Gerade deshalb sind die wenigen Denker, die sich relativ früh Klarheit über die eigentlichen Probleme der Ästhetik verschafften, von außerordentlicher Bedeutung. Andererseits sind – wie unsere Analysen zeigen werden – Argumente, die manchmal sehr distanziert wirken, etwa philosophischer oder ethischer Natur, für das Verständnis ästhetischer Phänomene von großer Bedeutung. Um nicht zu sehr vorwegzunehmen, was nur in Detaildarstellungen hineinpasst, sei darauf hingewiesen, dass der gesamte Aufbau und alle Detaildarstellungen dieses Werkes – gerade weil es seine Existenz der Marxschen Methode verdankt – in seiner ganzen Tiefe von der Ergebnisse, dass Aristoteles, Goethe und Hegel in ihren unterschiedlichsten Schriften angekommen sind, und zwar nicht nur in solchen, die sich direkt auf die Ästhetik beziehen.
Wenn ich darüber hinaus Epikur, Bacon, Hobbes, Spinoza, Vico, Diderot, Lessing und den russischen demokratisch-revolutionären Denkern meine Anerkennung ausspreche, beschränke ich mich selbstverständlich darauf, nur die wichtigsten Namen aufzuzählen; Diese Liste erschöpft nicht im Entferntesten die Autoren, denen ich für die Ausführung dieser Arbeit sowohl in ihrer Gesamtheit als auch in ihren Einzelheiten zu Dank verpflichtet bin. Die Art und Weise, wie diese Autoren zitiert werden, entspricht dieser Überzeugung. Wir wollen uns hier nicht mit Problemen der Kunstgeschichte oder Ästhetik befassen. Vielmehr geht es um die Klärung von Sachverhalten oder Entwicklungslinien, die für die allgemeine Theorie relevant sind. Entsprechend ihrer jeweiligen theoretischen Konstellation werden daher Autoren oder Werke zitiert, die zum ersten Mal etwas richtig oder erheblich falsch ausgedrückt haben oder deren Meinung als besonders charakteristisch für eine bestimmte Situation erscheint. Das Streben nach Vollständigkeit der bibliographischen Grundlagen gehört nicht zu den Intentionen dieser Arbeit.
Aus dem bisher Aufgedeckten lässt sich erkennen, dass die kontroversen Punkte dieser gesamten Arbeit auf den philosophischen Idealismus abzielen. Bei diesem Verfahren sprengt der Kampf um die Erkenntnistheorie naturgemäß ihren Rahmen; Hier kommt es auf die konkreten Fragestellungen an, bei denen sich der philosophische Idealismus als Hindernis für das adäquate Verständnis spezifisch ästhetischer Tatsachen erweist.
Es ist ein weit verbreitetes Missverständnis zu glauben, dass das Weltbild des Materialismus – Priorität des Seins gegenüber dem Bewusstsein, des sozialen Seins gegenüber dem sozialen Bewusstsein – auch einen hierarchischen Charakter habe. Für den Materialismus liegt die Priorität des Seins zunächst in der Beobachtung einer Tatsache: Es gibt Sein ohne Bewusstsein, aber es gibt kein Bewusstsein ohne Sein. Dies führt jedoch nicht zu irgendeiner hierarchischen Unterordnung des Bewusstseins unter das Sein. Im Gegenteil: Diese Priorität und ihre konkrete Anerkennung – sowohl theoretisch als auch praktisch – durch das Bewusstsein schafft die Möglichkeit für das Bewusstsein, das Sein im realen Sinne zu dominieren. Die einfache Tatsache des Werkes verdeutlicht diese Tatsache auf eindrucksvolle Weise. Und wenn der historische Materialismus den Vorrang des sozialen Wesens gegenüber dem sozialen Bewusstsein feststellt, ist das auch nur die Anerkennung einer Faktizität.
Auch die gesellschaftliche Praxis ist auf den Bereich des gesellschaftlichen Seins gerichtet, und die Tatsache, dass sie ihre Zwecke im Laufe der Geschichte bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur in sehr relativer Weise erfüllt hat, stellt kein hierarchisches Verhältnis zwischen beiden her, sondern bestimmt nur das Konkrete Bedingungen, unter denen eine erfolgreiche Praxis objektiv möglich wird, und skizzieren damit gleichzeitig ihre konkreten Grenzen, den Handlungsspielraum des Bewusstseins, den Raum, den das jeweilige soziale Wesen bietet. Somit wird in diesem Verhältnis eine historische Dialektik sichtbar, keineswegs jedoch eine hierarchische Struktur. Wenn sich ein kleines Segelboot angesichts eines Sturms als machtlos erweist, den ein starkes Motorschiff ohne Schwierigkeiten überwinden würde, zeigt dies nur die Überlegenheit oder tatsächliche Begrenztheit des jeweiligen Bewusstseins gegenüber dem Sein, nicht aber ein hierarchisches Verhältnis zwischen Mensch und Mensch Kräfte aus der Natur; Dies gilt umso weniger, als die historische Entwicklung – und mit ihr das wachsende Wissen des Bewusstseins über die wahre Natur des Seins – ein ständiges Wachstum der Möglichkeiten der Beherrschung des Seins durch das Bewusstsein hervorbringt.
Der philosophische Idealismus muss sein Weltbild radikal anders gestalten. Es sind nicht reale und wechselnde Machtverhältnisse, die ein Übergewicht oder eine vorübergehende Unterlegenheit im Leben schaffen, sondern von Anfang an wird eine Hierarchie der Mächte im Einklang mit dem Bewusstsein etabliert, die nicht nur die Formen der Objektivität und Beziehungen zwischen Objekten und Objekten hervorbringt und ordnet weisen auch hierarchische Abstufungen auf. Um die Situation unseres Problems zu beleuchten: Als Hegel beispielsweise Kunst mit Intuition, Religion mit Repräsentation, Philosophie mit dem Begriff verband und sie als von diesen Bewusstseinsformen beherrscht auffasste, schuf er damit eine präzise Hierarchie: „ ewig“, unwiderlegbar, was, wie jeder weiß, der Hegel kennt, auch das historische Schicksal der Kunst bestimmt. (Als beispielsweise der junge Schelling die Kunst in eine gegensätzliche hierarchische Ordnung einfügte, änderte dies nichts an den Prinzipien).
Es ist offensichtlich, dass hierdurch ein ganzes Wirrwarr von Pseudoproblemen entsteht, die seit Platon in der gesamten Ästhetik für methodische Verwirrung gesorgt haben, da es gleichgültig ist, ob die idealistische Philosophie in gewissem Sinne ein Über- oder Unterordnungsverhältnis zwischen Kunst und Kunst herstellt andere Formen des Bewusstseins, wenn das Denken von der Untersuchung der spezifischen Eigenschaften von Objekten abgelenkt wird und diese – oft in völlig inakzeptabler Weise – auf einen einzigen Nenner reduziert werden, so dass sie auf diese Weise verglichen werden können in einer hierarchischen Reihenfolge miteinander verbinden und auf der gewünschten Hierarchieebene einfügen. Auch wenn es sich um Probleme im Zusammenhang mit der Beziehung der Kunst, sei es zur Natur, zur Religion, zur Wissenschaft usw. handelt, führen Pseudoprobleme überall zwangsläufig zu Verzerrungen der Formen der Objektivität, der Kategorien.
Die Bedeutung des Bruchs mit dem philosophischen Idealismus wird noch deutlicher in seinen Konsequenzen, nämlich wenn wir unseren materialistischen Ausgangspunkt weiter konkretisieren, nämlich wenn wir Kunst als eine besondere Art begreifen, die Reflexion der Realität zu manifestieren, eine Art und Weise, die wiederum ist nur einer der Subtypen universeller reflexiver Beziehungen zwischen Mensch und Realität. Einer der entscheidenden Grundgedanken dieser Arbeit ist, dass alle Arten der Reflexion – wir werden vor allem solche des Alltagslebens, der Wissenschaft und der Kunst analysieren – immer die gleiche objektive Realität abbilden.
Dieser scheinbar offensichtliche und sogar triviale Ausgangspunkt hat dennoch weitreichende Konsequenzen. Die materialistische Philosophie betrachtet nicht alle Formen der Objektivität, alle mit ihren Beziehungen verbundenen Objekte und Kategorien als Produkte eines schöpferischen Bewusstseins, wie es der Idealismus tut, sondern erblickt in ihnen eine objektive Realität, die unabhängig vom Bewusstsein existiert; Daher können alle Divergenzen und sogar Gegensätze, die in jeder Art von Reflexion vorhanden sind, nur im Rahmen dieser materiellen und formal einheitlichen Realität auftreten. Um die komplizierte Dialektik dieser Einheit von Einheit und Vielfalt zu verstehen, ist es zunächst notwendig, mit der weit verbreiteten Darstellung einer mechanistischen, fotografischen Reflexion zu brechen.
Wenn diese Art der Reflexion die Grundlage für die Entstehung von Differenzen wäre, wären alle spezifischen Formen subjektive Deformationen dieser einzigen „authentischen“ Reproduktion der Realität, oder die Differenzierung müsste rein hintergründiger Natur sein, völlig frei von Spontaneität, lediglich bewusst und intellektuell. Die umfassende und intensive Unendlichkeit der objektiven Welt zwingt jedoch alle Lebewesen und insbesondere den Menschen zu einer Anpassung, zu einer unbewussten Auswahl im Reflex. Daher hat diese Selektion trotz ihres grundsätzlich objektiven Charakters auch eine unüberwindbare subjektive Komponente, die auf der Ebene des Tieres rein physiologisch und beim Menschen darüber hinaus auch sozial bedingt ist. (Einfluss der Arbeit auf die Bereicherung, Verbreitung, Vertiefung usw. der menschlichen Fähigkeiten, die Realität abzubilden).
Differenzierung ist also – insbesondere in den Bereichen Wissenschaft und Kunst – ein Produkt des gesellschaftlichen Wesens, der in diesem Bereich entstehenden Bedürfnisse, der Anpassung des Menschen an seine Umwelt, des Wachstums seiner Fähigkeiten im Zusammenspiel mit dem Zwang, dabei zu sein der Höhepunkt völlig neuer Aufgaben. In physiologischer und psychologischer Hinsicht müssen diese Interaktionen und diese Anpassungen an das Neue tatsächlich sofort in einzelnen Menschen durchgeführt werden, sie erlangen jedoch zuvor eine soziale Universalität, da die neuen vorgeschlagenen Aufgaben, die neuen Umstände, die eine modifizierende Wirkung ausüben, vorhanden sind sind allgemeiner (sozialer) Natur und lassen nur subjektive individuelle Varianten innerhalb des gesellschaftlichen Handlungsspielraums zu.
Die Erläuterung der Besonderheiten des Wesens der ästhetischen Reflexion der Wirklichkeit nimmt einen qualitativ und quantitativ entscheidenden Teil dieser Arbeit ein. Entsprechend der Grundintention dieser Arbeit sind diese Untersuchungen philosophischer Natur, das heißt, sie konzentrieren sich auf die Frage: Was sind die Formen, Beziehungen, Proportionen usw. dass die kategoriale Welt, die jeder Reflexion gemeinsam ist, in ästhetischer Hinsicht erwirbt? Selbstverständlich werden bei diesem Verfahren auch psychologische Fragestellungen berücksichtigt; Wir widmen diesen Problemen ein eigenes Kapitel (Kapitel 11).
Darüber hinaus muss von vornherein betont werden, dass die philosophische Grundabsicht uns notwendigerweise vorschreibt, in allen Künsten vor allem die ästhetischen Merkmale herauszuarbeiten, die der Reflexion gemeinsam sind, allerdings im Einklang mit der pluralistischen Struktur der ästhetischen Sphäre, und soweit möglich, die Besonderheit [Besonderheit] jeder der Künste bei der Behandlung kategorialer Probleme. Die sehr eigenartige Erscheinungsweise der Reflexion der Wirklichkeit in Künsten wie der Musik oder der Architektur macht es unumgänglich, diesen Sonderfällen ein eigenes Kapitel zu widmen (Kapitel 14), um in diesem Fall die spezifischen Unterschiede auf diese Weise zu verdeutlichen dass die Prinzipien der allgemeinen Ästhetik gleichzeitig ihre Gültigkeit behalten.
Diese Universalität der Widerspiegelung der Wirklichkeit als Grundlage aller Wechselbeziehungen des Menschen zu seiner Umwelt hat im Extremfall weitreichende ideologische Konsequenzen für die Konzeption des Ästhetischen, da für jeden wirklich konsequenten Idealismus jede Form von bedeutungsvollem Bewusstsein gilt denn die menschliche Existenz – in unserem Fall die Ästhetik – muss eine „ewige“, „überzeitliche“ Seinsweise haben, da ihr Ursprung hierarchisch im Kontext einer idealen Welt begründet ist; Soweit es möglich ist, es historisch zu behandeln, geschieht dies im metahistorischen Rahmen des Seins oder der „zeitlosen“ Anwendung.
Diese scheinbar methodisch-formale Position wird jedoch notwendigerweise auf den Inhalt, auf eine Weltanschauung zurückgreifen, denn daraus folgt zwangsläufig, dass das Ästhetische sowohl in produktiver als auch in rezeptiver Hinsicht zum „Wesen“ des Menschen gehört, auch wenn dies vom Punkt her bestimmt ist sei es aus der Welt der Ideen, sei es aus dem Geist der Welt, sei es in anthropologischer oder ontologischer Hinsicht. Aus unserer materialistischen Perspektive sollte sich ein diametral entgegengesetztes Bild ergeben. Die objektive Realität, die in verschiedenen Arten der Reflexion erscheint, ist nicht nur einem ununterbrochenen Wandel unterworfen, sondern dieser Wandel weist auch sehr bestimmte Richtungen und klar definierte Entwicklungslinien auf. Daher ist die Realität selbst ihrer objektiven Seinsweise nach historisch; Die in den verschiedenen Reflexionen auftauchenden historischen Bestimmungen, sowohl inhaltlicher als auch formaler Art, sind nichts anderes als mehr oder weniger korrekte Annäherungen an diesen Aspekt der objektiven Realität.
Authentische Geschichtlichkeit kann jedoch niemals in einer einfachen Änderung des Inhalts immer gleich bleibender Formen im Rahmen immer unveränderlicher Kategorien bestehen, da diese Inhaltsvariation zwangsläufig auch eine Änderung der Formen zur Folge hat muss zunächst zu gewissen Funktionsverschiebungen innerhalb des Kategoriensystems führen und ab einem gewissen Grad sogar zu ausgeprägten Veränderungen, also der Entstehung neuer Kategorien und dem Verschwinden alter Kategorien. Die Geschichtlichkeit der objektiven Realität führt zu einer gewissen Geschichtlichkeit der Kategorientheorie.
Es ist jedoch notwendig, sorgfältig zu wissen, inwieweit und inwieweit solche Transformationen objektiver oder subjektiver Natur sind, denn obwohl wir glauben, dass die Natur letztendlich historisch betrachtet werden muss, ist jede ihrer Phasen von Ihre Entwicklung ist zeitlich so ausgedehnt, dass ihre objektiven Veränderungen von der Wissenschaft praktisch nicht berücksichtigt werden können. Umso wichtiger ist natürlich die subjektive Entdeckungsgeschichte von Objektivierungen, Beziehungen und kategorialen Verknüpfungen. Nur in der Biologie könnten wir einen Wendepunkt in der Entstehung objektiver Kategorien des Lebens sehen – zumindest in dem Teil des Universums, den wir kennen – und damit eine objektive Genese.
Wenn es um den Menschen und die menschliche Gesellschaft geht, stellt sich die Frage qualitativ anders dar. Dabei handelt es sich zweifellos immer um die Genese singulärer Kategorien und kategorialer Verknüpfungen, die sich nicht aus der einfachen Kontinuität der vorangegangenen Entwicklung „ableiten“ lassen und deren Genese daher spezifische Anforderungen an das Wissen stellt. Allerdings würde es zu einer Verzerrung der wahren Faktizität kommen, wenn man eine methodische Trennung zwischen der historischen Untersuchung der Genese und der philosophischen Analyse des dabei entstehenden Phänomens vornehmen wollte. Die wahre kategoriale Struktur jedes Phänomens dieser Art hängt sehr eng mit seiner Entstehung zusammen; der Nachweis der kategorialen Struktur wird nur dann vollständig und im richtigen Verhältnis möglich sein, wenn die konkrete Zerlegung organisch mit der Klärung der Genese verbunden ist; der Abzug des Wertes zu Beginn Die Hauptstadt, von Marx, stellt das beispielhafte Modell dieser historisch-systematischen Methode dar.
Diese Vereinigung soll in den konkreten Ausführungen dieser Arbeit zum Grundphänomen des Ästhetischen und in all seinen Ausprägungen im Detail versucht werden. Nun wird diese Methodik in dem Maße zu einer Weltanschauung, dass sie einen radikalen Bruch mit allen Vorstellungen impliziert, die in der Kunst, im künstlerischen Verhalten etwas überhistorisch Ideales oder zumindest etwas ontologisch oder anthropologisch zur „Idee“ von gehörendes implizieren der Mann. Wie Arbeit, Wissenschaft und alle sozialen Aktivitäten des Menschen ist Kunst ein Produkt der gesellschaftlichen Entwicklung, des Menschen, der durch seine Arbeit zum Menschen wird.
Darüber hinaus hat die objektive Geschichtlichkeit des Seins und seiner in der menschlichen Gesellschaft konkret abgegrenzten Erscheinungsweise jedoch wichtige Konsequenzen für das Verständnis der grundlegenden Eigentümlichkeit des Ästhetischen. Die Mission unserer konkreten Argumente wird es sein, zu zeigen, dass die wissenschaftliche Reflexion der Realität sich von allen anthropologischen Bestimmungen, sowohl sensiblen als auch intellektuellen, zu lösen sucht und dass sie danach strebt, Objekte und ihre Beziehungen unabhängig vom Bewusstsein so darzustellen, wie sie in sich selbst sind. Die ästhetische Reflexion hingegen geht von der Welt des Menschen aus und ist auf ihn gerichtet. Dies impliziert nicht, wie wir zu gegebener Zeit zeigen werden, einfachen Subjektivismus. Im Gegenteil, die Objektivität der Gegenstände bleibt gewahrt, und zwar nur in der Weise, dass alle typischen Bezüge des menschlichen Lebens auch in ihnen enthalten sind und sich in einer Weise manifestieren, die dem jeweiligen Stand der inneren und äußeren Entwicklung der Menschheit entspricht. Das ist eine soziale Entwicklung.
Das bedeutet, dass jede ästhetische Gestaltung in sich Ordnungen beinhaltet hic und nunc Geschichte seiner Entstehung als wesentlicher Faktor seiner entscheidenden Objektivität. Natürlich ist jede Reflexion konkret durch den konkreten Ort bestimmt, an dem sie stattfindet. Selbst bei der Entdeckung rein mathematischer Wahrheiten oder in der Naturwissenschaft ist der zeitliche Kontext niemals zufällig; Allerdings ist die objektive Bedeutung dieses Zeitzusammenhangs für die Geschichte der Wissenschaften von größerer Relevanz als für das Wissen selbst, für das es völlig gleichgültig sein kann, wann und unter welchen – notwendigen – historischen Bedingungen es erstmals formuliert wurde, z. B. der Satz des Pythagoras .
Dieses historische Wesen der Wirklichkeit führt zu einem weiteren wichtigen Problemkomplex, der zunächst ebenfalls methodologischer Natur ist, aber wie jedes authentische Problem einer richtig konzipierten Methodik – und nicht nur formal – notwendigerweise wird zur Weltvision. Wir beziehen uns auf das Problem der Immanenz [Diesseitigkeit]. Rein methodisch betrachtet ist Immanenz eine wesentliche Voraussetzung sowohl wissenschaftlicher Erkenntnisse als auch künstlerischer Gestaltung. Erst wenn ein Komplex von Phänomenen aufgrund seiner immanenten Eigenschaften, der ebenso immanenten Gesetzmäßigkeiten, die auf sie einwirken, vollständig verstanden wird, kann man ihn als wissenschaftlich bekannt betrachten. In praktischer Hinsicht ist diese Vollständigkeit natürlich immer annähernd; die sowohl ausgedehnte als auch intensive Unendlichkeit der Objekte und ihrer statischen und dynamischen Beziehungen usw. Es erlaubt nicht, Wissen in einer bestimmten Form als absolut endgültig zu verstehen, was die Notwendigkeit von Korrekturen, Vorbehalten, Erweiterungen usw. ausschließt.
Von der Magie bis zum modernen Positivismus wurde dieses im wissenschaftlichen Bereich der Realität vorherrschende „Noch nicht“ auf die unterschiedlichste Art und Weise als Transzendenz interpretiert, ohne Rücksicht auf viele Dinge, über die ein „Noch“Ignorabimus„ist längst als lösbares Problem in die exakte Wissenschaft eingegangen, auch wenn es in der Praxis noch nicht gelöst ist. Das Aufkommen des Kapitalismus und die neuen Beziehungen zwischen Wissenschaft und Produktion führten in Kombination mit den großen Krisen religiöser Weltanschauungen dazu, dass die naive Transzendenz durch eine komplexere, raffiniertere ersetzt wurde.
Der neue Dualismus entstand zu einer Zeit, als Verteidiger des Christentums versuchten, die kopernikanische Theorie ideologisch abzulehnen: eine methodologische Konzeption, die darauf abzielte, eine Verbindung zwischen der Immanenz der gegebenen Phänomenwelt und der Leugnung ihrer letzten Realität herzustellen, mit dem Ziel, die Kompetenz der Wissenschaft in Frage stellen, etwas Gültiges über diese Realität zu sagen. Oberflächlich betrachtet könnte man den Eindruck haben, dass diese Abwertung der Realität der Welt keinen Unterschied macht, da die Menschen in der Praxis ihre unmittelbaren Aufgaben in der Produktion unabhängig davon erfüllen können, ob sie Gegenstand, Mittel usw. berücksichtigen. seiner Tätigkeit so etwas wie das Sein an sich oder als bloße Erscheinung. Eine solche Konzeption ist jedoch in zweierlei Hinsicht sophistisch. Erstens hat jeder in seiner realen Praxis tätige Mensch stets die Überzeugung, sich mit seiner eigenen Realität auseinanderzusetzen; Davon ist auch der positivistische Physiker überzeugt, wenn er beispielsweise ein Experiment durchführt.
Zweitens: Wenn eine solche Auffassung aus gesellschaftlichen Gründen tief verwurzelt und weit verbreitet ist, löst sie die am stärksten vermittelten intellektuellen und moralischen Beziehungen zwischen Mensch und Realität auf. Die existentialistische Philosophie, nach der der in die Welt „geworfene“ Mensch vor dem Nichts steht, ist – sozialgeschichtlich gesehen – der notwendigerweise komplementäre Gegenpol der philosophischen Entwicklung, die von Berkeley bis Mach oder Carnap führt.
Das Schlachtfeld selbst zwischen Immanenz [Diesseitigkeit] und Transzendenz [Jenseitigkeit] ist zweifellos Ethik. Daher können im Rahmen dieser Arbeit die entscheidenden Bestimmungen dieser Kontroverse nicht vollständig dargelegt, sondern nur gestreift werden; Der Autor hofft, in naher Zukunft seine Ansichten zu diesem Thema systematisch darlegen zu können. An dieser Stelle sei nur kurz angemerkt, dass es dem alten Materialismus – von Demokrit bis Feuerbach – nur auf mechanistische Weise gelang, die Immanenz der Struktur der Welt zu entlarven, weshalb die Welt einerseits noch existieren konnte als Mechanismus einer Uhr konzipiert, der einen – transzendenten – äußeren Eingriff erfordert, um sich in Bewegung zu setzen; Andererseits konnte der Mensch in dieser Art von Weltanschauung nur als notwendiges Produkt und Objekt immanent-citeriorer Gesetzmäßigkeiten erscheinen [immanent-diesseitigen], und diese erklärten weder seine Subjektivität noch seine Praxis.
Die Hegel-Marx-Theorie der Selbsterschaffung des Menschen durch seine eigene Arbeit – die Gordon Childe in der hervorragenden Formel „Der Mensch macht sich selbst [Der Mensch macht sich selbst]“ – vollendet erstmals die Immanenz des Weltbildes, legt die ideologische Grundlage für eine immanente Ethik, deren Geist bereits in den brillanten Konzeptionen von Aristoteles und Epikur, Spinoza und Goethe sehr lebendig war. (In diesem Zusammenhang spielt die Evolutionstheorie in der [organischen] Welt, die immer stärkere Annäherung an die Entstehung des Lebens aus dem Zusammenspiel physikalischer und chemischer Gesetzmäßigkeiten, eine wichtige Rolle.)
Für die Ästhetik ist diese Frage von größter Bedeutung und wird daher in den konkreten Darstellungen dieser Arbeit ausführlich behandelt. Es hätte keinen Sinn, hier in verkürzter Form die Ergebnisse dieser Untersuchungen vorwegzunehmen, die ihre Überzeugungskraft erst in der Entfaltung aller für sie relevanten Bestimmungen erlangen. Um den Standpunkt des Autors nicht bereits im Vorwort zum Schweigen zu bringen, sagen wir, dass die immanente Kohärenz, das „Auf-sich-Setzen“ jedes authentischen Kunstwerks eine Art Reflexion ist, die keine Analogie hat andere Bereiche menschlicher Reaktionen auf die Außenwelt – seinem Inhalt nach stellt es, ob gewollt oder nicht, ein Bekenntnis zur Immanenz dar.
Daher ist der Gegensatz von Allegorie und Symbol, wie Goethe brillant erkannte, für die Kunst eine Frage des Seins oder Nichtseins. Aus diesem Grund ist, wie wir in einem eigenen Kapitel (Kapitel 16) zeigen werden, der Kampf der Kunst, sich von der Vormundschaft der Religion zu befreien, gleichzeitig eine grundlegende Tatsache ihrer Entstehung und Entwicklung. Die Entstehungsgeschichte muss genau zeigen, wie die Kunst ausgehend von der natürlichen und bewussten Verbindung des Urmenschen mit der Transzendenz, ohne die die Anfangsstadien auf jedem Gebiet undenkbar wären, nach und nach Autonomie in der Reflexion der Realität erlangte und diese in einer Form ausarbeitete eigenartig. Es handelt sich natürlich um die Entwicklung objektiver ästhetischer Tatsachen, nicht darum, was diejenigen, die sie geschaffen haben, über sie dachten.
Gerade in der künstlerischen Praxis ist die Divergenz zwischen Akt und Aktbewusstsein besonders groß. An dieser Stelle kommt das von Marx entlehnte Motto unseres gesamten Werkes deutlich zum Ausdruck: „Sie wissen es nicht, aber sie tun es.“ Es ist also die objektive kategorische Struktur des Kunstwerks, die jede Bewegung des Bewusstseins zum Transzendenten, die ihrer Natur nach in der Geschichte der Menschheit sehr häufig vorkommt, in dem Maße, in dem sie auftritt, wieder in Immanenz verwandelt als das Seiende, das heißt als integraler Bestandteil des immanenten menschlichen Lebens, als Symptom seines jeweiligen Seins im eigentlichen Sinne [Geradesosein].
Die wiederholten Ablehnungen der Kunst und des ästhetischen Prinzips von Tertullian bis Kierkegaard sind kein Zufall; im Gegenteil, sie sind die Anerkennung seines wahren Wesens, das aus dem Lager seiner unbeugsamen Feinde stammt. Dieses Werk beschränkt sich nicht darauf, diese notwendigen Kämpfe aufzuzeichnen, sondern vertritt entschiedene Positionen: zugunsten der Kunst, gegen die Religion, im Sinne einer großen Tradition, die von Epikur über Marx und Lenin bis hin zu Goethe reicht. Die dialektische Entfaltung, Trennung und Synthese der so vielfältigen, widersprüchlichen, konvergenten und divergenten Bestimmungen von Objektivitäten und ihren Beziehungen erfordern eine spezifische Methode zu ihrer Freilegung.
Indem er die Prinzipien, auf denen die Methode basiert, kurz darlegt, kann man keineswegs sagen, dass der Autor sich für seinen darlegenden Stil im Vorwort entschuldigen möchte. Niemand kann seine Grenzen und Mängel klarer erkennen als der Autor. Er möchte nur seine Absichten darlegen; Es liegt nicht an Ihnen, zu beurteilen, wo Sie sie angemessen ausgeführt haben und wo Sie versagt haben. Daher werden wir im Folgenden nur auf die Prinzipien eingehen. Diese wurzeln in der materialistischen Dialektik, deren kohärente Umsetzung in einem so weiten Feld, das sehr weit voneinander entfernte Dinge umfasst, zuallererst einen Bruch mit formalen Darstellungsmitteln erfordert, die auf mechanistischen Definitionen und Abgrenzungen, auf „reinen“ Trennungen basieren . ” in Abschnitten. Wenn wir von der Methode der Bestimmungen im Gegensatz zu der der Definitionen ausgehen, kehren wir sofort in den Mittelpunkt der Frage zurück und kehren zu den Grundlagen der Realität der Dialektik zurück, zur sowohl umfassenden als auch intensiven Unendlichkeit der Objekte und ihrer Beziehungen.
Jeder Versuch, diese Unendlichkeit mit intellektuellen Mitteln zu erfassen, wird zwangsläufig Unzulänglichkeiten aufweisen. Allerdings stellt die Definition die Parteilichkeit selbst als etwas Definitives fest und verletzt daher zwangsläufig den fundamentalen Charakter der Phänomene. Bestimmung wird von Anfang an als etwas Vorläufiges, Ergänzungsbedürftiges betrachtet, als etwas, dessen Wesen ergänzt, kontinuierlich geformt und konkretisiert werden muss, also dann, wenn in dieser Arbeit ein Gegenstand, ein Verhältnis von Objektivitäten oder eine Kategorie durch sie freigelegt wird Bei der Bestimmung im Lichte der Verständlichkeit und Konzeptualisierung haben wir immer zwei Dinge im Sinn und wollen: den jeweiligen Gegenstand so charakterisieren, dass er eindeutig bekannt ist, ohne jedoch zu beabsichtigen, dass das, was zu diesem Zeitpunkt bekannt ist, auch für ihn gilt Ganzheit und das, Aus diesem Grund könnte man hier aufhören.
Eine schrittweise Annäherung an den Gegenstand ist nur in dem Maße möglich, in dem dieser Gegenstand in unterschiedlichen Kontexten, in unterschiedlichen Beziehungen zu unterschiedlichen anderen Gegenständen analysiert wird, insoweit die ursprüngliche Bestimmung durch diese Verfahren nicht entkräftet wird – in diesem In diesem Fall wäre es falsch – aber im Gegenteil, es wird ununterbrochen bereichert oder, wir könnten sagen, es nähert sich immer mit List der Unendlichkeit des Objekts, auf das es ausgerichtet ist. Dieser Prozess vollzieht sich in den unterschiedlichsten Dimensionen der idealen Reproduktion der Wirklichkeit und wird daher grundsätzlich immer nur als relativ abgeschlossen betrachtet. Wenn diese Dialektik jedoch korrekt ausgeführt wird, gibt es zunehmende Fortschritte hinsichtlich der Klarheit und des Reichtums ihrer Bestimmung und ihres systematischen Zusammenhangs; Daher ist es notwendig, die Wiederholung derselben Bestimmung in verschiedenen Konstellationen und Dimensionen genau von einer einfachen Wiederholung zu unterscheiden.
Der so erzielte Fortschritt geht nicht nur vorwärts und dringt immer tiefer in das Wesen der zu erfassenden Objekte ein, sondern er wird – wenn er auf wirklich richtige Weise, auf wirklich dialektische Weise erfolgt – den vergangenen Weg mit einem Licht erhellen Den bereits eingeschlagenen Weg in neues Licht zu rücken und ihn erst dann in einem tieferen Sinne wirklich gangbar zu machen. Max Weber schrieb mir einmal über meine ersten und in diesem Sinne sehr unzureichenden Aufsätze, dass sie den Eindruck eines Ibsen-Dramas erweckten, dessen Anfang nur vom Ende her zu verstehen sei. Ich betrachtete dies als ein verfeinertes Verständnis meiner Absichten, auch wenn meine damalige Produktion kein solches Lob verdiente. Ich hoffe, dass dieses Werk eher dazu geeignet ist, als Verwirklichung eines solchen Denkstils betrachtet zu werden.
Abschließend bitte ich den Leser, mir zu erlauben, kurz auf die Entstehungsgeschichte meiner Ästhetik hinzuweisen. Ich begann als Literaturkritiker und Essayist, der theoretischen Halt in der Ästhetik Kants und später Hegels suchte. Im Winter 1911/1912 entwarf ich in Florenz den ersten Plan einer autonomen systematischen Ästhetik, an der ich von 1912 bis 1914 in Heidelberg arbeitete. Ich denke immer noch mit Dankbarkeit an das wohlwollende kritische Interesse, das Ernst Bloch, Emil Lask und vor allem Max Weber an meinem Aufsatz gezeigt haben. Der Plan scheiterte völlig. Und wenn ich mich hier vehement gegen den philosophischen Idealismus stelle, widerspricht diese Kritik auch meinen jugendlichen Tendenzen. Von außen betrachtet wurde diese Arbeit durch den Kriegsausbruch unterbrochen.
Die Theorie der Romantik[V], das ich im ersten Kriegsjahr geschrieben habe, konzentriert sich mehr auf die Probleme der Geschichtsphilosophie, für die ästhetische Probleme nur Symptome, Zeichen wären. Von da an rückten Ethik, Geschichte und Wirtschaftswissenschaften zunehmend in den Mittelpunkt meines Interesses. Ich wurde Marxist und das Jahrzehnt meiner politischen Tätigkeit war zugleich die Periode der inneren Auseinandersetzung mit dem Marxismus, die Periode seiner wirklichen Assimilation. Als ich mich um 1930 wieder intensiv mit den Problemen der Kunst beschäftigte, war eine systematische Ästhetik für mich nur noch in weiter Ferne. Erst zwei Jahrzehnte später, in den frühen 1950er Jahren, konnte ich darüber nachdenken, meinen Jugendtraum mit einer völlig anderen Weltanschauung und Methode zu verwirklichen und ihn mit völlig anderen Inhalten, mit völlig entgegengesetzten Methoden umzusetzen.
*György Lukács (1885–1971) war ein ungarischer marxistischer Philosoph und Theoretiker. Autor, unter anderem von Geschichte und Klassenbewusstsein (WMF Martins Fontes).
Referenz
György Lukács. Ästhetik: die Besonderheit des Ästhetischen. Bd. 1. Übersetzung: Nélio Schneider und Ronaldo Vielmi Fortes. São Paulo, Boitempo, 2023, 532 Seiten. [https://amzn.to/4b8bs5g]

Aufzeichnungen
[I] György Lukács, „Die Sickingendebatte zwischen Marx-Engels und Lassalle“ in Karl Marx und Friedrich Engels als Literaturhistoriker (Berlin, [Aufbau] 1948, 1952) [Hrsg. bras.: „Die Sickingen-Debatte zwischen Marx-Engels und Lassalle“, in Marx und Engels als Literaturhistoriker, übers. Nélio Schneider, São Paulo, Boitempo, 2016, S. 17-62].
[Ii] Franz Mehring, Gesammelte Schriften und Aufsätze (Berlin, [Universumbücherei,]
[Iii] zur Zeit Gesammelte Schriften (Berlin, [Dietz,] 1960 ff.); Die Lessing-Legende (Stuttgart, [Dietz,] 1898; Berlin, [Dietz,] 1953); Georgi Plechanow, Kunst und Literatur (präf. M. Rosenthal, Hrsg. und Kommentar Nikolai Fedorowitch Beltschikow, trans. Joseph Harhammer, Berlin, [Dietz,] 1955).
[IV] Mikhail Lifschitz, „Lenin o kul'ture i iskusstve“, Marksistko-Leninskoe Iskusstvoznanie, v. 2, 1932, S. 143 ff.; dito, „Karl Marx und die Ästhetik“, Internationale Literatur, v. 2, 1933, S. 127 ff.; idem, Marks i Engel's ob iskusstve (Hrsg. F. Šiller und M. Lifschitz, Moskau, 1933); idem, K. Marks und F. Engel's, Ob iskusstve (Hrsg. M. Lifschitz, Moskau-Leningrad, 1937); Karl Marx und Friedrich Engels, Über Kunst und Literatur: Eine Sammlung aus ihren Schriften (Hrsg. M. Lifschitz, Präf. Fritz Erpenbeck, Berlin, [Dietz,] 1948); M. Lifschitz, Die Kunstphilosophie von Karl Marx ([trans. Ralph B. Winn,] New York, [Critics Group,] 1938); idem, Karl Marx und die Ästhetik (Dresden, [Verlag der Kunst] 1960, Fundus-Bücher 3).
[V] György Lukács, Die Theorie des Romans: Ein geschichtsphilosophischer Versuch über die Formen der großen Epik (Berlin, [Cassirer,] 1920; Schilf. Neuwied, [Luchterhand,] 1963) [Hrsg. BHs.: Die Theorie der Romantik, übers. José Marcos Mariani de Macedo, São Paulo, Editora 34/Duas Cidades, 2000].
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